Donnerstag, 9. April 2009

Das Rüttgers-Renten-Syndrom

Rentenzusatzversorgung total: Riester, Rürup oder einfach Rüttgers? Wer privat die Rente zusatzversichern will und googelt, stößt immer wieder auf diese Namen. Zumindest die Rüttgers-Rente ist aber bis heute ein Phantom geblieben.

Er ist das soziale Gewissen der CDU: NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers forderte 2003 dass Arbeitnehmer, die besonders lange in die Sozialkassen eingezahlt haben, ein höheres Arbeitslosengeld I (ALG1) erhalten sollen - und setzte sich durch. Im Frühjahr 2008 forderte er dasselbe auch für Rentner. Wer mindestens 35 Jahre lang Beiträge eingezahlt habe und heute eine Rente nur knapp über den Grundsicherungsniveau beziehe, solle staatliche Zulagen erhalten so Rüttgers. Die Idee der Rüttgers-Rente war geboren.

Erster Widerstand kam gleich von der FDP. "Mit uns nicht zu machen", hieß es. Rainer Brüderle, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion freute sich sogar: "Es ist ein Segen für unser Land, dass Politiker wie Herr Rüttgers nicht allein regieren. Auch die Bundesregierung lehnte die Rüttgers-Pläne ab. Vize-Regierungssprecher Thomas Steg sagte diplomatisch, dass bisherige Renten-Modell habe sich bewahrt. Auch Unions-Fraktionschef Volker Kauder lehnte die Rüttgers-Rente ab. Das Bundesarbeitsministerium bezeichnete es sogar als "fahrlässig", am Solidarprinzip zu rütteln.

Zumindest in der Bevölkerung fand Rüttgers mit seinen Renten-Plänen gleich Zuspruch. Laut einer Laut Forsa-Umfrage unterstützen 89 Prozent der Befragten die Rüttgers-Rente. Und das quer durch alle politschen Lagern und Altersgruppen.

Hauptpunkte einer Experten-Kritik an der Rüttgers-Rente: das bestehende Renten-Modell richtet sich nach der Höhe der eingezahlten Beiträge und nicht nach der Länge der Einzahlungen insgesamt (so genanntes Äquivalenz-Prinzip). Die Rüttgers-Rente würden deshalb gegen das Gleichheitsprinzip verstoßen: Laut Grundgesetz muss jeder Beitragseuro gleich behandelt werden, unabhängig davon, wie lange ein Rentner vorher eingezahlt hat.

Eine weitere Frage betrifft die Finanzierbarkeit. Eine Aufstockung der Renten von bedürftigen Rentnern müsste über Steuermittel finanziert werden. Zumindest auf diesen Kritikpunkt hat Rüttgers ein starkes Gegenargument: "Das Kostenargument zieht nicht. Denn wenn ein Rentner zusätzlich Geld vom Sozialamt bekommt, dann muss dafür ja auch die Staatskasse aufkommen. Also: Warum dann erst dieser Umweg? Und den bitteren Gang zum Sozialamt sollten wir den Menschen nach lebenslanger harter Arbeit möglichst ersparen."

Im Mai 2008 sagte die CDU im Prinzip ja zur Rüttgers-Rente. Seitdem ist es still um das Projekt geworden. Auch Rüttgers scheint eingesehen zu haben, dass die Töpfe leer sind. Die Rüttgers-Rente ist bis heute ein Phantom geblieben.